Welte

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Kombi mit Kranwaage

Auf der Interforst 2018 in München stellte die Firma Welte Fahrzeugbau ihre neue Kombimaschine W190 erstmals der Öffentlichkeit vor. Einer der ersten Kunden war das Forstunternehmen Klostermann im Hunsrück. Es hat die Maschine mit einer Kranwaage und einigen anderen Besonderheiten ausrüsten lassen.

Wenn man sich vom Rhein her nähert, ist die Landschaft erst flach. Aber dann geht es vom Nahetal steil bergauf nach Hochstetten-Dhaun mit seiner mittelalterlichen Burg, wo sich im Sommer die Touristen drängen. Jetzt Anfang Dezember sind wir hier allein, sowohl im Ort als auch draußen im Forst. Aus dem Nebel tauchen teils sanfte, teils steile Hänge auf. Es ist kalt, aber es liegt noch kein Schnee. Im Wald herrschen Buche und Eiche vor. Der Boden ist nass, aber tragfähig. Zumindest hinterlassen die sechs 710 mm breiten Reifen des W190 auch ohne Bänder kaum Spuren.
Wir sind heute hier, um den W190M im Einsatz bei der Forstfirma Klostermann zu sehen, und um uns über die Erfahrungen mit der Kranwaage berichten zu lassen.

Mehr noch als auf der Interforst fällt hier im Wald der starke Hinterwagen der Maschine auf, dessen schwere Tandemachse und massiver Kastenrahmen ja vom größeren Modell W120 stammen. Das ist auch gut so, denkt man sofort, wenn man dem starken Kran Epsilon X102F mit 119Nm Netto-Lastmoment, 43 kNm Schwenkmoment und 10,2 m Reichweite bei der Arbeit zusieht. Auf dem W190M ist gerade die Burger-Klemmbank 1,6 m² KS aufgebaut, die ihre Arme der besseren Sicht halber komplett zusammenklappen kann. Der Rungenkorb steht einsatzbereit neben der Maschine. Die Verriegelung von Klemmbank bzw. Rungenkorb gegenüber dem Rahmen erfolgt hydraulisch, ein lästiges Herumzerren oder -schlagen am Verriegelungsbolzen entfällt so. Gut sichtbar sind auf diese Weise der anhebbare Rollenbock für die HZM-Seilwinde mit 16 t maximaler Summenzugkraft, sowie das flach stellbare Heckschild. Im Vorderwagen flüstert ein Vierzylinder-Motor von Volvo Penta mit der Abgasstufe TIER 4 final und 140 kW. Welte setzt ihn schon seit langem bei allen seinen W130-Modellen ein. Wichtig: Die Zugkraft auf den sechs angetriebenen Rädern ist aber genauso hoch wie beim Sechszylinder-Motor, zwei hydrostatische Antriebsmotoren und ein Zweigang-Untersetzungsgetriebe machen es möglich. "Ich fahre hier immer im zweiten Gang", wird uns später der Fahrer bei voller Klemmbank berichten. "Die Zugkraft reicht aus, und der Motor läuft mit ruhiger Konstantdrehzahl." Den ersten Gang braucht man hier also nur unter erschwerten Bedingungen.
Klostermann weist uns nur auf einige der Sonderausstattungen hin, die er hat installieren lassen: Da ist einmal der elektrisch verstellbare Drehsitz. "Das Bedienpanel und die seitlichen Ablageflächen drehen sich mit", erläutert der Fahrer, "das ist sehr praktisch." Mit der Kabinengröße ist der Fahrer voll zufrieden. Klimaanlage, Bluetooth, Freisprechanlage, Rückfahr-Videosystem, Hydraulikölvorwärmung, Rammschutz vorn, Werkzeugkästen und andere Dinge sind kein besonderes Thema. Aber die fest eingebaute Druckluftanlage erwähnt er gern. Sie dient aber nicht etwa einer pneumatischen Bremsanlage oder gar einer Luftfederung, sondern der Wartung! Unter dem Aufstieg entdeckt man hinter einer Klappe einen kleinen elektrisch angetriebenen Kompressor, den Druckluftspeicher sowie Druckluftschläuche und -düsen dazu. "Der Speicher reicht für die Reinigungsarbeiten eines ganzen Tages", sagt der Fahrer, und "ich brauche nicht immer das Versorgungsfahrzeug zu rufen, wenn ich Filter ausblasen, irgendetwas reinigen oder gar Reifen aufpumpen will." Auch die aufzulegenden Bänder spannt man hier pneumatisch, das gehe schnell und einfach. Klostermann betont, dass er das Fahrzeug mit allem ausgestattet hat, was ein guter Fahrer braucht, um gute Arbeit liefern zu können. Nicht sichtbar, aber wichtig: die Maschine funkt per "Reveal-Manager" ständig ihren genauen Standort und alle wichtigen Betriebsdaten ans Büro. Das tut sie nicht nur, wenn der Fahrer die Maschine bewegt, sondern auch dann noch, wenn ein Dieb die Maschine ins Ausland entführen würde.

Der Forstbetrieb Klostermann hat im Jahr 2018 sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Angefangen hatte alles mit einer Episode: Als ich dieses Anwesen mit 300 m² Wohnfläche gekauft habe, hatte ich 4000€ Heizkosten im Jahr für Öl! Das war mir zu viel, und darum habe ich mich dem Holz und dem Forst zugewandt, zuerst für die Selbstversorgung, und dann als Unternehmer", erzählt Klostermann. Wir sitzen im "Hobbyraum" des Hauses, wo ein tschechischer Atmos-Holzvergaser-Ofen mit 30 kW und 94% Wirkungsgrad (ohne Lambdasonde) steht. Er lädt gerade einen 2000-l-Wärmespeicher für das ganze Haus auf und verbrennt dabei ein paar Scheite der rund 20 Fm, die er pro Jahr verbraucht.
Die ersten Gehversuche der Firma Klostermann fanden mit gebrauchten Deutz-Traktoren statt, erst nur mit Winde und dann auch mit Kran. Auch die ersten Weltes, ein W115 und ein W150, waren noch Gebrauchtmaschinen. Ein wichtiger Schritt in der Unternehmensgeschichte war 2013 die Zertifizierung des Betriebes durch die RAL-Gütegemeinschaft Wald und Landschaftspflege. Ab da war Klostermann ein Forstbetrieb, der auch an Ausschreibungen teilnehmen konnte.
Die Firma hat drei ganzjährig fest angestellte Mitarbeiter. Die bevorzugten Auftragsgrößen liegen zwischen 500 und 1000 Fm.
Den W190M hat Stefan Klostermann praktisch vom Blatt weg gekauft. "Das geht nur dann, wenn ein langjähriges Vertrauensverhältnis zwischen Maschinenhersteller und Maschinennutzer besteht", sagt Klostermann, und fügt hinzu: "Dieses Vertrauensverhältnis ist vor allem durch den Service entstanden. Wenn wir was brauchten oder spezielle Wünsche hatten, war die Firma Welte immer da." Jetzt ist der neue W190 seit etwa 150 Stunden im Einsatz. Der Fahrer ist von der Ruhe, der Kraft und dem Handling begeistert. Und der Unternehmer von der Vielseitigkeit. "Wir machen auch viel Starkholz im Jahresverlauf. Und dafür sind wir mit dem W190M bestens gerüstet."
Wie schon berichtet, ist Klostermann ein Quereinsteiger. Der gelernte Konditor und Gastwirt hat aber lange als Monteur für technische Anlagen gearbeitet. Jetzt ist er immer noch als Industriemechaniker dafür verantwortlich, dass sie Anlagen des Chemiebetriebes Solenis nicht stehenbleiben. Täglich, auch Sonntags, muss er die Anlagen inspizieren. Die Forstwirtschaft betreibt er zusätzlich. Wir fragen Klostermann nach dem Grund, warum sein Betrieb wachse, während rundum Forstunternehmen den Betrieb einstellen. Er führt aus: "Viele lokale Forstunternehmen haben sich auf Vollernter und Tragschlepper konzentriert. Das hat zum Zwang zu Großaufträgen und zu Dumpingpreisen geführt, viele Unternehmen mussten aufgeben. Ich dagegen habe nur langsam, dem Bedarf entsprechend expandiert, und ich bin bei der motormanuellen Fällung geblieben. Die Forstämter Bad Sobernheim und Bingen haben mich auch immer zu vorsichtigem Wachstum ermutigt. Man ist dort froh, einen zuverlässigen Partner für die motormanuelle Waldarbeit zu haben, sei es im Starkholz oder bei der Durchforstung. Zurzeit sind 400 Fm Buchen-Starkholz angesagt", so Klostermann. "Das ist gefährliche Arbeit, aber mit dem W190M bin ich für diese Arbeiten bestens gerüstet."

Schon vor zwei Jahren hat Forst&Technik berichtet, wie in Rheinland-Pfalz Forwarder mit Kranwaagen Brennholz rücken und zur Massenermittlung beim Poltern wiegen (F&T 2/2016, S. 30-35). "Uns haben die Förster Johannes Scheffer vom Forstamt Bad Sobernheim mehrfach ermutigt, bei einer Neuinvestition doch auch gleich eine Kranwaage zu bestellen. Beim W190 ist es die brandneue Interweigh XW 70 BS mit 7000 kg Maximallast. Der Typ 70 BS wird von Intermercato für den Betrieb mit Holzgreifer empfohlen. Der eigentliche Waagenkörper ist zwischen den Längs- und Querschwenkgelenken und über dem Rotator montiert. Der Wiegebausatz ist groß dimensioniert, denn er bleibt auch beim Rückebetrieb immer am Kran. Die Kräfte werden dann über das massive Stahlgehäuse geleitet, die empfindliche Wiegeelektronik ist dadurch geschützt. Zum Wiegen wird der Kran so angehalten, dass die Last pendelfrei hängt. Das ist die genaueste Wiegemethode.
Pro Hieb und pro Baumart - Buche oder Eiche - vereinbart Klostermann mit dem Förster ein Referenzpolter. Das besteht aus drei für den Hieb typischen Abschnitten. Anhand dieses Referenzpolters wird der Umrechnungsfaktor von Kilogramm in Festmeter festgelegt, der genau für dieses Polter gilt, das der Förster leicht und schnell nachmessen kann. Die Kranwaage wird von Zeit zu Zeit kalibriert. Die Kranwaage ist auch eichfähig, aber eine Eichung sei bislang nicht notwendig, führt Klostermann aus. "Das Forstamt verkauft unsere Polter weiter, aber selbst kritische Kunden haben bisher nicht reklamiert. Man arbeitet natürlich ständig daran, die Wiegegenauigkeit und das ganze Verfahren zu verbessern. Nicht nur Firma Klostermann spart mit dem Wiegeverfahren Zeit, auch vom Forstamt wird berichtet, dass man sich durch die Krahnverwiegung einige Arbeit spare.
Die wichtigste nicht-technische Voraussetzung für den Einsatz der Kranwaage ist hier also gegeben: die Akzeptanz der Wiegeergebnisse über die Lieferkette. Schön, wenn die Erfahrung zeigt, dass es in diesem Betriebsfall auch ohne Eichung schon funktioniert.

Der Vollständige Artikel ist in der Zeitschrift "Forst & Technik" erschienen, Ausgabe 2.2019.