Welte

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Der kurze Starke

Welte stellt den neuen Skidder W190 Vierrad vor.

In der Starkholzernte wünscht sich ein Unternehmer eine starke Maschine. Übermäßig groß muss sie dagegen nicht sein. Ein passendes Angebot kommt jetzt aus dem Breisgau.

Im Jahr 2018 präsentierte Welte den W190 Sechsrad. Dieses Modell besteht aus zwei Bauklassen. Denn der Maschinenbauer Welte nahm den Vorderwagen der Vierzylinder-Baureihe und verband ihn mit dem Hinterwagen der Sechszylinder-Reihe. Dieser neue Modelltyp wurde zunächst als Sechrad-Skidder gebaut. Jetzt ging der erste W190 Vierrad an einen Kunden.
Emile Lucht ist ein Fortunternehmer aus der Eifel und Besitzer des neuen W190. Im Ort Kall, 60 Kilometer südlich von Köln, steht sein Betrieb. Er und seine Frau Stephanie sind beide gelernte Forstwirte und lernten sich während der Ausbildung kennen. Im Jahr 2004 gründeten sie den Betrieb, seitdem steuert Emile die Maschinen und schwingt Stephanie die Motorsäge.
Die Eifel ist bekannt für steile Lagen. In den teils schroffen Tälern stehen zudem oft dicke Douglasien. Dickes Holz verlangt nach einer kräftigen Maschine. Dass diese auf nur vier Rädern steht, ist Teil des Plans: "Um regelmäßig sehr starkes Holz, aber auch fünf Festmeter und weniger zu rücken, brauche ich keinen Sechsrad", erklärt Emile Lucht. Wichtig sei ihm die Kompaktheit der Maschine in Verbindung mit Kraft.

Für einen schweren Kran gemacht
Kraft besitzt die Maschine: Denn der Hinterwagen des W190 einschließlich des Mittelgelenks entsprechen der Sechszylinder-Klasse. Auch die beiden größer übersetzten Achsen des Vierrad-Skidders werden so ebenfalls im W230 verbaut. Das bedeutet mehr Stabilität: Der Sechszylinder-Hinterrahmen ist beispielsweise im Querschnitt etwa zehn Prozent breiter, zehn Prozent höher und auch ein wenig schwerer als der Hinterrahmen des W130. Die Drehverbindung des großen Mittelgelenks ist im Durchmesser 35 Prozent größer als beim W130. "Die Zylinder zum Sperren der Verwindung sitzen weiter außen, haben durch die Hebelwirkung somit mehr Kraft", erklärt Joscha Nühnen, geschäftsführender Gesellschafter bei Welte und ergänzt: "Beide Mittelgelenke besitzen zudem zwei vertikal übereinander liegende Gelenke für die Knickbewegung. Der Abstand dieser beiden Gelenke ist beim Sechszylinder-Mittelgelenk größer, das Gelenk dadurch insgesamt stabiler." Dazu sorgen größere Lenkzylinder für mehr Lenkkraft.
Zugleich wirkt die Maschine aber ähnlich kompakt wie der W130, zumal er dessen kleinere Kabine trägt. Der starke Hinterrahmen bietet allerdings einen Vorteil: Dieser kann einen entsprechend schwereren Kran tragen. So wäre für den 190er der größtmögliche Rückekran von Epsilon denkbar: der X150. Die Vierzylinder-Maschinen bekommen bei Welte dagegen maximal die S-Klasse des Kranherstellers aufgebaut. Der kräftige Vierrad W190 verspricht also auch einen kräftigen Kran. In diesem Fall entschied sich der Kunde aber für einen X130, genauer X130R72. Dieser gleicht seinem dicken Bruder in den Komponenten Haupt- und Wipparm sowie Teleskop und "ist für meinen Einsatzzweck stark genug", erklärt Unternehmer Lucht. Auch dass der Kran nur 7,20 Meter weit nach den Stämmen greift, keine acht Meter, was Epsilon ebenso bietet, hat seinen Grund. Auf die kurze Distanz lupft der 7,20-Meter-Epsilon einen Tick mehr. denn der Unterschied zwischen der Acht-Meter-Version des X130 und der 7,20-Meter-Bauform wird über die jeweilige Länge des Hauptarms gelöst. Der Hauptarm des X130R72 ist also kürzer. Wenn der Wipparm senkrecht vom Hauptarm herabhängt, besitzt der Kran die meiste Kraft. Beim X130R72 kann der Greifer 80 Zentimeter näher an der Maschine geführt werden und bringt hier punktuell mehr Hebepower als die längere Ausführung. Gerade wenn das Holz besonders dick ausfällt und den Kran an die Leistungsgrenze bringt, sind solche Kraftreserven Gold wert - beziehungsweise eben Holz.
Dieses Quäntchen mehr an Hebekraft ist nötig. Denn die wuchtigen Douglasien, die hier im Bestand von Stephanie Lucht gefällt wurden, müssen nun aus dem Hang nach unten zum Abfuhrweg gerückt werden. Der Boden ist weich. Zwar trägt der Welte die griffigen Tianli-Reifen Super Logger SL 1 der Maße 28L-26 mit groben Stollen und steilen Schultern. Dennoch: Mit kettenbelegten Reifen kämpft sich Lucht in seinem W190 die Steigung hinauf. Am Beginn der Rückegasse angekommen, erkennt der 36 Jahre alte Unternehmer rasch, dass eine zweite Bergauffahrt mit der Maschine wohl nicht möglich sein wird. Zu schmierig ist schon jetzt der Untergrund, und Lucht will die Gasse nicht ruinieren. Also greift er zu einem Trick: Zunächst holt Lucht die Bäume außerhalb der Kranreichweite mit der Seilwinde herbei. Auf der Welte-Doppeltrommelwinde ließ er ein hochverdichtetes 13-Millimeter-Stahlseil auf der linken Seite und ein 16-Millimeter-Dyneema-Kunststoffseil auf der rechten Seite aufziehen. Sind nun alle Stämme mit dem Kran zu packen, legt Lucht sie in der Gasse immer ein Stück mit weiter nach unten, fährt mit der Maschine weiter und rückt die Stämme wieder hinterher. Zugleich hat er weitere Stämme im Seil. So gelingt es ihm, eine weitere Fahrt in die Gasse zu vermeiden, aber sämtliches Holz aus dem Hang zu holen. Dabei macht der montierte Epsilon-Rückekran X130R72 einen guten Job. Immerhin hat dieser ein Bruttohubmoment von 156 Kilonewtonmetern, hebt bei einer Auslage von drei Metern noch 4,2 Tonnen. Das ist in dieser Abteilung auch nötig. Denn die Stämme in diesem Hang beeindrucken mit einem durchschnittlichen Stamminhalt von 4,5 Festmetern. Das verlangt Fahrer und Maschine einiges ab.

Drehmoment von 820 Newtonmetern
Der W190 kann derlei Strapazen ab: So schlagen zwei Herzen in seinem Inneren, sprich zwei Fahrmotoren. Beide Motoren plus der komplette Antriebsstrang eines Sechszylinders bringen bei 1200 Umdrehungen des Dieselmotors dessen Drehmoment von 820 Newtonmeten auf den Waldboden. Der Vierzylinder kommt von Volvo Penta, der noch der Abgasstufe Tier 4 final entspricht. Er liefert üppige 217 PS und erlaubt das Arbeiten im zweiten Gang. Denn das Getriebe ist gut übersetzt, und der Motor besitzt genügend Reserven, um auch im zweiten Gang Kraft zu liefern. So kann der Unternehmer schneller fahren, ohne Leistungsverluste hinnehmen zu müssen. Allerdings reduziert sich wegen der zwei Fahrmotoren die maximale Fahrgeschwindigkeit auf 38 Kilometer pro Stunde, statt der bekannten 40. doch wichtiger war dem Kunden mehr Dampf an anderer Stelle: der Seilwinde. Zehn Tonnen zieht die große Welte-Doppeltrommelwinde. Das Heckschild besitzt zudem den optionalen höhenverstellbaren Seileinlauf. Das besondere: zwei "Fenster", die dem Fahrer bei ausgehobenem Heckschild auch aus der Kabine heraus eine gute Sicht in die Gasse ermöglichen, Das ist insbesondere bei unübersichtlichen Wegen sinnig, auf denen Bäume quer liegen oder Wurzelanläufe in die Fahrbahn ragen. Solche Hindernisse lassen sich dank der Aussparungen schneller erkennen. "Der ein oder andere wird sagen, habe ich nie gebraucht. Aber wer es hat, freut sich, auch Stämme zu sehen, die direkt hinter dem Schild liegen", meint dazu Frank Hellekes, Verkaufsberater bei Welte und Ansprechpartner für Lucht. 

Astabweiser aus Stahlrohren
Am Ende der Rückegasse, auf dem wieder festen Weg, öffnet Lucht die Seile und fährt jeden Stamm einzeln zum Polter. Hier werden die Stämme in die verschiedenen Längen, geordnet nach Qualitäten, von seiner Frau mit der Säge eingeschnitten.
Am Ende dieser Prozedur ist wieder Emile Lucht an der Reihe: Er arbeitete früher mit Skiddern ohne Kran. Somit poltert er die Stämme mit dem Frontschild. Frank Hellekes über diese Technik: "Seit Einführung der Rückekrane wird das nur noch selten so betrieben, gepoltert wird meistens mit dem Kran." Das ficht Lucht nicht an: Nicht umsonst bestellte er bei Welte ein Frontpolterschild der extra robusten Sorte. Dieses Schild wird auch am großen W200 Achtrad verbaut. Es wird tiefer, nämlich auf Höhe der Vorderachse am Rahmen aufgehängt, und deshalb mit obenliegenden Zylindern bestückt, die so mehr Kraft zum Drücken bieten. "Das zwei Meter breite Franzosen-Schild ist sogar etwas leichter als der schmälere 1,80 Meter breite Standard-Fronthubarm", weiß Nühnen. Denn es sei speziell für das Schieben ausgelegt. In Frankreich ist diese Version weit verbreitet, weshalb sie bei Welte intern "Franzosen-Schild" genannt wird. Der Grund: In Frankreich müssen die Unternehmer regelmäßig Rückegassen in den Wald schieben, da dortige Wälder bisweilen gering erschlossen sind. Die Anlenkung des Polterschildes begünstigt somit das Wegschieben von Erdmassen. An der Seite verschweißte Staukästen machen es in sich zusätzlich stabil für seitliche Kräfte. In Deutschland dagegen würden zunehmend weniger Kunden ein Frontpolterschild bestellen, erklärt Joscha Nühnen. Schließlich sei das Poltern der Stämme mit dem Kran mittlerweile die Regel. Weil Welte seine Maschinen serienmäßig mit Frontschild verkauft, erhalten die Kunden eine Gutschreibung. Ebenso hat Welte bei den Astabweisern eine Version im Angebot, die überwiegend von französischen Kunden bestellt wird. So orderte Emile Lucht bei Hellekes die Astabweiser aus Stahlrohr, anstatt die serienmäßigen Drahtseile. Die Astabweiser lassen sich über ein Drehgelenk zur Seite wegkippen. Die Scharniere dazu sitzen an der Dachreling. Auseinandergeklinkt werden die Astabweiser an der Fahrzeugfront. Hier hält ein chromfarbenes Drehgelenk die beiden Stahlrohre zusammen. Werden an dieser Stelle die Abweiser geöfffnet und zur Seite geschwenkt, lässt sich die Kabine abkippen, ohne die Stahlrohre abbauen zu müssen. Die Motorhaube dagegen kann immer geöffnet werden, da sie durch die geschlossenen Astabweiser hindurchschwenkt. Für Emile Lucht sind diese stählernen Kabinen-Schützer das I-Tüpfelchen auf einer Maschine, die vor allem zwei Fähigkeiten erfüllt: Dampf im Antriebsstrang und einen starken Kran. Frank Hellekes beschreibt es so: "So bekommen wir die zarte Optik des Vierzylinder-Vorderwagens und die brachialen Arbeitseigenschaften des Sechszylinders."

Der vollständige Artikel  ist in der Zeitschrift "Forstmaschinen Profi" erschienen, Ausgabe Nr. 6 Juni 2020