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Automatisch geregelte Radlast bei Bogieachsen

Aktuelle Verkaufszahlen und Marktprognosen gehen davon aus, dass künftig vermehrt 6- und 8-Radforstmaschinen in der Forstpraxis anzutreffen sein werden. Allen gemeinsam ist die Verwendung von sogenannten Bogiechsen. Durch deren Geometrie verursachen Antriebsmomente jedoch einen unerwünschten Aufstelleffekt. Um diesen Effekt zu charakterisieren und schließlich eine Problemlösung zu entwickeln, haben die Welte Fahrzeugbau GmbH und die Professur für Forstliche Verfahrenstechnik der Albert-Ludwigs-Universität im Rahmen eines gemeinschaftlichen Forschungs- und Entwicklungsprojekts „RaLaReg“ kooperiert.

Für die ökologisch, ökonomisch und nicht zuletzt ergonomisch nachhaltige Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs „Holz“, sind der Einsatz von modernen sowie hoch spezialisierten 6-/8-Rad-Forstmaschinen und damit ein Befahren von Waldböden unerlässlich. Die dabei entstehenden Bodenschäden wie Verdichtung und Spureintiefung werden gezielt auf systematisch und dauerhaft angelegten Rückegassen konzentriert. Dabei gilt als oberste Prämisse der dauerhafte Erhalt der forsttechnischen Befahrbarkeit. Untersuchungen zeigen, dass die möglichst gleichmäßige Lastverteilung auf alle Räder einen maßgeblichen Einfluss auf einen bodenschonenden Einsatz von Forstmaschinen und den Erhalt der forsttechnischen Befahrbarkeit von Rückegassen bei der Holzernte hat. Der Ansatzpunkt bei 6-/8-Rad-Forstmaschinen liegt darin, dass bei diesen Forstfahrzeugen so genannte Bogieachsen verwendet werden. Bei diesen Achsen sind jeweils das rechte und linke Räderpaar pendelnd am Fahrzeugrahmen gelagert, wodurch sich eine gute Geländegängigkeit z.B. beim Überfahren von Hindernissen oder Gräben ergibt. Durch die geometrischen Verhältnisse der Bogieachsen verursacht das Antriebsmoment jedoch Schubkräfte, die wiederum zu einem Aufstelleffekt führen und einer ständigen Bodenhaftung aller Räder, speziell bei hohem Zugkraftbedarf entgegenwirken.

Versuchsaufbau:

Als Versuchsfahrzeug wurde ein Welte W130K (Abb. 1) verwendet. Um den Aufstelleffekt der Bogieachsen zu charakterisieren wurde zunächst ein teil-dynamischer Versuchsaufbau gewählt. Dabei wurde das Versuchsfahrzeug auf Radlastwiegeplatten, die am Boden befestigt waren, gefahren. Im Anschluss daran wurden verschiedene Radlasten in Verbindung mit Zugkräften (Erzeugung des Aufstelleffekts) durch das Anfahren der mit einem Stahlseil am Vortrieb gehinderten Maschine erzeugt (Abb. 2). So wurden Radlastunterschiede am Versuchsfahrzeug zwischen Vorderrad und Hinterrad einer Bogieachse von bis zu 2800 kg gegenüber statischen Messungen ermittelt (Abb. 3). Dies bedeutet, dass die Radlast am vorderen Rad abnimmt, während gleichzeitig die Radlast am hinteren Rad zunimmt.

Auf Basis der gewonnenen Daten wurde eine elektrohydraulische Steuerung konzipiert, welche mit Hilfe eines am Bogieachskasten und Fahrzeugrahmen montierten Hydraulikzylinders (Abb. 4) für einen permanenten Radlastausgleich während der Fahrt sorgt. Dabei wurden die notwendigen Steuerdrücke des Regelzylinders im Rahmen von Fahrversuchen der am Vortrieb gehinderten Maschine ermittelt. Abbildung 5 (Abb. 5) zeigt die Radlast- und Zugkraftveränderung bei einem automatisch geregelten (VoRe REG und HiRe REG) und einem konventionell ungeregelten Räderpaar (VoLi und HiLi).  

Ziel bei den Befahrungsversuchen mit einer praxistauglichen Ausrüstung des Versuchsfahrzeugs war es, einen direkten Vergleich zwischen Bodenschäden bei Fahrten mit einer real beladenen Maschine mit und ohne Radlastregelsystem gegenüberstellen zu können. Dabei wurde speziell der Parameter Bodenverdichtung mit einer Troxlersonde 3440 (Abb. 6) untersucht. Eine Troxlersonde ist eine Isotopsonde zur zerstörungsfreien Dichte- und Feuchtemessung mit Hilfe von Radioisotopen. Durch die Bauart des Gerätes ist es möglich, sowohl vor als auch nach der Befahrung an exakt denselben Stellen Bodendichtemessungen vorzunehmen. Die Messung der Bodendichte erfolgt dabei mit einem Gammastrahler. Hierzu wurden zwei Versuchsorte ausgewählt. Bei den Feldversuchen wurde ein Grünlandgelände für die Versuche mit Hilfe einer Forstfräse aufbereitet. Dabei wurde ein 60 cm tiefes und gleichmäßig gelockertes Versuchsfeld angelegt. Ziel der Bodenaufbereitung war eine Homogenisierung der Bodenstruktur, um damit mögliche Bodenstrukturunterschiede nach der Befahrung eindeutig dem jeweiligen Befahrungsmodus (mit oder ohne Radlastregelung) zuordnen zu können. Die Befahrungsversuche im Wald erfolgten auf einem realen Rückegassennetz. An insgesamt 648 Messpunkten quer über die Fahrspuren in gleichmäßigen Abständen verteilt, wurde sowohl vor als auch nach der Überfahrt die Bodenlagerungsdichte in drei verschiedenen Tiefen (10, 20 und 30 cm) untersucht.

Grundsätzlich wurden zwei verschieden Befahrungsvarianten unterschieden, die jeweils mit und ohne Radlastregelsystem gefahren wurden. Die erste Befahrungsvariante war eine Überfahrt der Versuchsrückegassen mit konstanter Geschwindigkeit (5 km/h). In der zweiten Befahrungsvariante wurde ein dem Beladevorgang entsprechendes praxisübliches Stop&Go Fahrmanöver (0-5 km/h) durchgeführt.

Ergebnisse:

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl auf dem speziell aufbereiteten Versuchsfeld als auch auf den praktisch vorgefundenen Rückegassen eine geringere Bodenverdichtung bei Überfahrten mit Radlastregelsystem als ohne Radlastregelsystem ermittelt wurde. So wurde beispielsweise bei den Stop&Go Überfahrten auf dem Versuchsfeld ohne das Radlastregelsystem eine Erhöhung der Bodenlagerungsdichte von 1260 kg/m³ auf 1538 kg/m³ ermittelt, was einem Anstieg der Bodenlagerungsdichte (278 kg/m³) von rund 22 % entspricht (Abb. 7). Im Gegenzug dazu wurde bei den Stop&Go-Überfahrten auf dem Versuchsfeld mit Radlastregelsystem lediglich eine Erhöhung der Bodenlagerungsdichte um 124 kg/m³ (rund 10 %) von 1212 kg/m³ auf 1336 kg/m³ ermittelt (Abb. 8). Somit konnte in dieser beispielhaft dargestellten Variante eine über 50 % geringere Bodenverdichtung mit Radlastregelung ermittelt werden als bei den konventionellen Überfahrten. Selbst bei den Waldversuchen mit vorbefahrenen Rückegassen konnte eine rund 35 % geringere Bodenverdichtung gegenüber der herkömmlichen Befahrung ermittelt werden. In der Abbildung 9 (Abb. 9) ist eine Klassifizierung der Veränderungsprozente der Bodenlagerungsdichte dargestellt. In der Legende sind die Anzahl der ermittelten Häufigkeiten je Veränderungsklasse aller 648 Messpunkte nach der Befahrung dargestellt. Es ist zunächst zu erkennen, dass an keinem Messpunkt bei den Überfahrten mit Radlastregelung die Veränderungsklasse >20 % ermittelt werden konnte. Lediglich Überfahrten ohne Radlastregelsystem wurden in der Veränderungsklasse >20 %ermittelt. Die Klasse zwischen 10-20 % stellt somit die ermittelte Maximalveränderung der Überfahrten mit Radlastregelsystem dar.

Fazit:

Das in Kooperation der Welte Fahrzeugbau GmbH und der Professur für Forstliche Verfahrenstechnik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg entwickelte und wissenschaftlich überprüfte Radlastregelsystem „RaLaReg“ baut automatisch bei Fahrbewegungen der Maschine einen entsprechenden Hydraulikregeldruck auf. Dadurch wird der am Bogieachskasten montierte Hydraulikregelzylinder mit Druck/Zug beaufschlagt, sodass der sich aufstellende Bogieachskasten nach unten gedrückt bzw. gezogen wird. Damit wird ein situationsbedingtes Aufstellen verhindert. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass damit die beim Aufstellen entstehenden Radlastunterschiede ausgeglichen werden können. Die Pendelmöglichkeit der Bogieachse beim Durchfahren von Hindernissen und Gräben bleibt durch ein eingebautes hydraulisches Puffersystem nach wie vor gewährleistet. Der Bogieachskasten wird vielmehr gezielt in seinen Bewegungen geführt. Das System funktioniert vollautomatisch, sodass hierbei kein zusätzlicher manueller Regelungseingriff des Fahrers notwendig ist. Eine Zusatzbelastung an den Fahrer wird somit vermieden. Zusätzlich ist das System elektronisch an- und abschaltbar. Dies ermöglicht dem Fahrer das zu- und abschalten des Radlastregelsystems per Knopfdruck aus der Fahrerkabine. Die Ergebnisse der Bodendichteanalysen zeigen, dass durch den Einsatz des Radlastregelsystems eine deutlich geringere Bodenverdichtung als bei Fahrten ohne Radlastregelsystem erzeugt wird. Daneben konnte in weiteren Versuchen gezeigt werden, dass die Traktion der mit Radlastregelung ausgestatteten Maschine erhöht werden konnte. Weiter zeigen die Versuchsergebnisse, dass beim Einsatz von Forstmaschinen mit herkömmlichen Bogieachsen sehr ungünstige Radlastverteilungen im dynamischen Fahrbetrieb entstehen können. Darum sind die statisch gerechneten Radlasten solcher Forstmaschinen im praktischen Fahrbetrieb gegebenenfalls anzuzweifeln. Im Rahmen des Projektes konnte somit gezeigt werden, dass der Einsatz des entwickelten Radlastregelsystems einen Beitrag zur Bodenschonung von Rückegassen leisten kann.

Projektförderung:

Das Projekt „Automatische Radlastregelung zur Verbesserung der Bodenschonung und technischen Befahrbarkeit von Rückegassen“ kurz „RaLaReg“ wurde gefördert durch: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Clusterinitiative Forst und Holz in Baden-Württemberg.

Autor: Florian Schnaible